Donnerstag, 02. Juni 2022, Hessische Allgemeine
NACHRUF – FDP-Urgestein Klaus-Dieter Sänger ist mit 78 Jahren gestorben
VON AMIRA EL AHL
Fuldatal – Eine ehemalige Schülerin sagt über Klaus-Dieter Sänger, dass er ihr die Angst vor Mathe genommen habe, weil er seine Schüler nicht vorgeführt, sondern geführt habe – mit absoluter Ruhe, Leichtigkeit und Witz. Durch ihn sei sie besser in Mathe geworden. Ein schöneres Kompliment kann ein Lehrer wohl kaum bekommen. „Er war ein begnadeter Pädagoge“, sagt auch seine Frau Anne Werderich.
Am Samstag ist Sänger eine Woche nach seinem 78. Geburtstag gestorben. Der FDP-Kommunalpolitiker war seit Monaten krank gewesen, saß im Rollstuhl, weil ihn seine Beine nicht mehr trugen. Am Ende starb er an einem Herzstillstand – in seinem Haus in Simmershausen mit dem großen Rosengarten, das er so geliebt hat, so, wie er es sich immer gewünscht hat, sagt seine Ehefrau.
Seinen vielen Schülern, die er über Jahrzehnte an der Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule in Kassel als Mathe- und Physiklehrer begleitet hat, wird er als geduldiger, ruhiger und herzlicher Pädagoge in Erinnerung bleiben. Viele andere Menschen in der Region werden sich an ihn als Politiker erinnern, der über Jahrzehnte die Kommunalpolitik im Landkreis Kassel als Liberaler mitgestaltet hat. 47 Jahre lang sei sein Vater FDP-Mitglied gewesen, sagt Björn Sänger, der wie sein Vater ein Liberaler wurde und in die Politik ging.
Klaus-Dieter Sänger saß knapp 15 Jahre in der Gemeindevertretung in Ahnatal, 17 Jahre war der gebürtige Willinger für die Liberalen im Kreistag. Nach der Trennung von seiner ersten Ehefrau zog er nach Fuldatal, wo er sich bis zuletzt politisch und ehrenamtlich engagierte. Fast 20 Jahre lang war Sänger in der Kommunalpolitik in Fuldatal aktiv, wurde erst im November aus dem Gemeindevorstand entlassen.
Sein Nachfolger als FDP-Fraktionsvorsitzender, Thorsten Röder, kann sich den Fuldataler FDP-Ortsverband ohne Sänger kaum vorstellen: „Der Verlust ist schmerzlich, politisch wie menschlich.“ Sänger war es auch, der Röder zur Kommunalpolitik brachte. „Er ist derjenige, der mir Kommunalpolitik beigebracht hat.“ Am Küchentisch von Werderich und Sänger sei es losgegangen, und dort habe er auch seine erste Fraktionssitzung mit Sänger gehabt. „Bei ihm wurde Politik gelebt“, sagt Röder. Er sei ein Liberaler durch und durch gewesen, sei immer für alle Positionen offen gewesen. „Alle Meinungen anzuhören und daraus das Eigene abzuleiten und eine Position zu erarbeiten, das habe ich von ihm mitgenommen“, sagt Röder.
Bis zuletzt habe die Fraktion auf seine Erfahrung zurückgreifen können, gerade auch bei Haushaltsberatungen. Denn Sänger war nicht nur ein begnadeter Pädagoge, sondern eben auch ein Zahlenmensch. Die Haushaltsentwürfe des Kreises ließ er sich auch noch nach seiner aktiven Zeit mitbringen, „das hat ihn immer noch interessiert“, sagt sein Sohn.
Die Politik hat er gelebt, geliebt hat Sänger aber vor allem das Angeln. „Er hat sein Leben lang das Wasser geliebt, er war immer am Angeln“, sagt Werderich, die in diesem Jahr 15 Jahre mit Klaus-Dieter Sänger verheiratet war, 25 Jahre lang waren sie ein Paar. „Ihn brachte nichts aus der Ruhe, ich habe ihn nie schreien hören“, sagt Werderich, die ihren Mann über die politische Arbeit in der FDP kennengelernt hat.
Gemeinsam ist das Paar viel gereist, im Sommer gerne nach Schweden, wo Sänger jeden Tag geangelt hat. „Wir sind immer in die Einsamkeit gefahren“, sagt Werderich. Nachdem er sich mit 68 endlich in den Ruhestand verabschiedet hatte, haben sich die beiden einen Traum verwirklicht, und sind sechs Wochen mit dem Wohnmobil durch Alaska gefahren. Die Liebe zur Natur haben sie geteilt, ebenso wie die Liebe zum Reisen. „Wir hatten ein super Verhältnis, wir haben uns nie gestritten“, sagt Werderich.
Am Freitag, 17. Juni, nimmt die Familie Abschied. Die öffentliche Trauerfeier findet ab 13 Uhr in Simmershausen in der neuen Trauerhalle statt.